Rundbrief KZ-Gedenkstätteninitiative Leonberg Juni 2007

Liebe Mitglieder und an der Gedenkstättenarbeit in Leonberg Interessierte,

noch vor den großen Ferien veranstalten wir zwei interessante Veranstaltungen, die gewiss in die Geschichte unseres Vereins eingehen werden und zu denen wir Sie ganz herzlich einladen.

Feierliche Enthüllung einer Tafel
zum Gedenken an die holländischen Gestapo-Zwangsarbeiter und an OST-Zwangsarbeiterinnen
durch Landrat Bernhard Maier

Dienstag, 10. Juli 2007, 11 Uhr, vor dem Gebäude Rutesheimer Straße 50/3 („Kaserne“)

Unter Mitwirkung von Schülerinnen und Schülern des Berufschulzentrums und in Anwesenheit des ehemaligen Gestapo-Zwangsarbeiters Piet Schultz aus Den Haag/Holland wird am Dienstag, 10. Juli, 11 Uhr, am Gebäude Rutesheimer Straße 50/3 (gegenüber Kfz-Zulassungsstelle des Landratsamts) eine Tafel des Landkreises Böblingen zum Gedenken an die in diesem Gebäude 1944/45 untergebrachten holländischen Zwangsarbeiter des Gestapo-Lagers und die damals ebenfalls in diesem Gebäude untergebrachten Ost-Zwangsarbeiterinnen feierlich enthüllt.
Das Gebäude ist heute im Besitz des Landkreises Böblingen. Die Enthüllung wird Landrat Bernhard Maier vornehmen. Polizeioberst i. R. Piet Schultz, der von Juli 1944 bis April 1945 in diesem Gebäude als Gestapo-Häftling untergebracht war, hat seine Teilnahme zusammen mit seiner Frau zugesagt. In Vertretung von Oberbürgermeister Bernhard Schuler wird Erster Bürgermeister Helmut Noë ein Grußwort sprechen.
Das Gebäude Rutesheimer Straße 50/3 wurde – wie auch die Gebäude Rutesheimer Straße 50/1 und 50/2 - während des Zweiten Weltkriegs als Luftwaffenkaserne (Flugabwehr) geplant und im Rohbau erstellt. 1944/45 wurden dort knapp 200 holländische Gestapo-Häftlinge auf primitive Weise untergebracht. Die Gefangenen wurden als Zwangsarbeiter Baufirmen bzw. der Organisation Todt zur Verfügung gestellt und mussten den Engelbergtunnel zu einer Rüstungsfabrik umbauen sowie eine 3 km lange Wasserleitung vom Glemstal bis zum Engelberg errichten. Teilweise mussten sie auch Luftschutzstollen für die Bevölkerung zum Beispiel unter der Altstadt bauen. Nicht wenige von ihnen sind den Strapazen und auftretenden Seuchen erlegen.
Im Untergeschoss des Gebäudes waren etwa 40 Zwangsarbeiterinnen aus der Ukraine mit ihren Kindern und zehn polnische Zwangsarbeiter untergebracht.


»Unterwegs zwischen Nikolajew und Leonberg«

Peter Höfer liest
aus der Autobiographie des ehemaligen
Ost-Zwangsarbeiters Pjotr Kudrjaschow

Montag, 16. Juli 2007, 19.30 Uhr,
Ort: Stadtbücherei, Liststraße (oberhalb Johannes-Kepler-Gymnasium)

Moderation und Einführung in die historischen Zusammenhänge:
Christina Ossowski, Kulturamtsleiterin der Stadt Leonberg, und
Dr. Eberhard Röhm, Vorsitzender der KZ-Gedenkstätteninitiative

Der Autor Pjotr Kudrjaschow ist am Abend anwesend.

In der von Maria Davydchyk und Christina Ossowski ins Deutsche übersetzten Autobiographie schildert der durch mehrere Begegnungen in Leonberg bekannt gewordene ukrainische Arzt zum ersten Mal die Besetzung seiner Heimat durch die Deutschen und die anschließende Deportation seines ganzen Jahrgangs zunächst nach Wuppertal und später nach Leonberg zum Arbeitseinsatz. Bewegend erlebt der Leser die Gastfreundschaft für den „Russen“ durch die Gerlinger Familie Dommes während eines Freigangs mitten im Krieg sowie seine Flucht und Befreiung. Breiten Raum nimmt der Bericht über die Zwangstätigkeit als Soldat bei der sowjetischen Besatzungsmacht in Ost-Deutschland, die Rückkehr nach Hause, die Berufsfindung und die nach 50 Jahren erfolgte Rückkehr nach Leonberg ein.

Die mit vielen historischen Fotos versehene Autobiographie wird mit Hilfe von Zuschüssen der Stadt Leonberg und der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg von der KZ-Gedenkstätteninitiative Leonberg als Broschüre herausgegeben (72 Seiten, Schutzgebühr 2 EUR). Sie kann am Ende des Abends erworben werden. Der Autor signiert.

Der Eintritt ist frei. Wir bitten aber um Spenden.


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