Auch Orte machen Geschichte lebendig

von Franziska Kleiner
Leonberger Kreiszeitung, 17. November 2003

LEONBERG - "Die Erinnerung vollzieht sich in der Begegnung mit Menschen. Erinnerung vollzieht sich aber auch in der Begegnung mit Orten, die an Menschen erinnern'', begründete Eberhard Röhm die Entstehung des Hefts "Auf den Spuren von KZ und Zwangsarbeit in Leonberg''.

Eberhard Röhm hat gemeinsam mit Wolfgang Schiele das Heft verfasst, das sie gestern Nachmittag im Stadtmuseum erstmals vorstellten. Dort war zum letzten Mal die Gemäldeausstellung des ehemaligen Häftlings Moshe Neufeld zu sehen.

Auf vier Wegen folgen die beiden Autoren den Spuren von Konzentrationslager und Zwangsarbeit in Leonberg: Spuren, die nicht verschwunden sind, die mitunter aber sehr deutlich das rigide Vorgehen der Nationalsozialisten vor Ort deutlich machen, wie es Schiele formulierte. Die Spuren führen zu den Betriebsstätten und Unterkünften, die in Beziehung standen zum einen zur Firma Messerschmitt, zum anderen zum KZ-Außenlager Leonberg. Im alten Autobahntunnel mussten KZ-Häftlinge in Zwangsarbeit Tragflächen für den Düsenjäger Me 262 herstellen.

Der erste Weg orientiert sich dabei am Weg der Erinnerung, den die KZ-Gedenkstätteninitiative im Jahr 2001 eingerichtet hat, um auch anhand von sechs Tafeln aus der Geschichte Leonbergs zu erzählen. Das Heft liefert aber auf dem Weg vom Friedhof Seestraße bis zum Blosenberg zusätzlich Informationen, die nicht an den Tafeln angebracht werden konnten.

"Eine Mahnung gegen Gewalt'', sei das 40 Seiten starke Heft, das sich gleichzeitig für den "Frieden im Kleinen'' stark mache, ging Oberbürgermeister Bernhard Schuler auch auf die Bedeutung des Werkes ein, das Stadtverwaltung und KZ-Gedenkstätteninitiative gemeinsam herausgegeben haben. Die beiden Herausgeber legten dabei Wert auf die Illustration auch mit aktuellen Fotografien.

So sind in dem Gebäude der Rutesheimer Straße 50/3 heute Gesundheitsamt und Krankenpflegeschule untergebracht. Von Juli 1994 bis Kriegsende wurde das Obergeschoss des Gebäudes, das noch in den ursprünglichen Umrissen steht, zur Unterkunft für das Gestapolager mit 150 bis 200 holländischen Zwangsarbeitern genutzt.

Das Gebäude bildet den Schlusspunkt des zweiten der geschilderten vier Wege, der vom Bahnhof zum Gestapolager in der Rutesheimer Straße führt.

Der dritte Weg geht den Spuren vom Bahnhof bis zum Stadtmuseum in der Altstadt nach. Im Museum ist heute ein Raum eigens dem Konzentrationslager gewidmet. Der vierte Weg führt schließlich vom Bahnhof über das Friedensmahnmal von Hans Daniel Sailer im Stadtpark nach Eltingen, in die Carl-Schmincke-Straße 78.

Heute steht dort das Vereinshaus des CVJM Eltingen. Hier wurde die an der rückwärtigen Hofseite des Vereinshauses angebaute Turnhalle Mitte 1942 als Arbeiterlager eingerichtet und mit 50 Männern aus Russland und der Ukraine belegt. Das Lager trug die Bezeichnung "Gemeinschaftslager Ditzingen-Eltingen'', weil es vom Bauhof Ditzingen der Deutschen Arbeitsfront geführt wurde. Die Mehrzahl der dort untergebrachten Arbeiter war entsprechend beim Bauhof beschäftigt.


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