Berufsschüler tünchen die Tunnelwände

von Ramon Harland
Freiwilliges Engagement hilft KZ-Gedenkstätteninitiative bei der Vorbereitung auf eine ständige Ausstellung
Leonberger Kreiszeitung, 23. April 2008

Leonberg. Fünf Schüler des Berufseinstiegsjahres Bautechnik am Leonberger Berufsschulzentrum und ihr Lehrer helfen mit, den verbliebenen Tunnel als Dokumentationsstätte zu gestalten. Derzeit streichen sie die Tunnelseitenwände und die Stirnseite.

Die Arbeit macht den 15- und 16-jährigen Jugendlichen sichtlich Spaß. Bereits gegen 8 Uhr hatten sie am Montag damit begonnen, Seitenwände weiß und die Stirnseite des Tunnels dunkelgrau zu streichen. Bald sollen die Flanken als Ausstellungsflächen dienen, während die dunkle Stirnseite die ursprüngliche Tiefe des Tunnels verdeutlichen soll.
"Die Jugendlichen wollen gestalten, und die gemeinsame Arbeit stärkt ihren Zusammenhalt und ihr Selbstvertrauen", sagt Berufsschullehrer Friedrich Rudolf. Letzteres ist auch nötig.

Nur einer von ihnen hat bislang seit Beginn des Berufseinstiegsjahres im September eine Lehrstelle gefunden. Sie möchten Steinmetz oder Landschaftsgärtner werden, doch Ausbildungsplätze dafür sind schwer zu finden. Alle haben den Hauptschulabschluss, aber wenn die Situation so bleibt, werden die meisten von ihnen spätestens Ende Juli auf der Straße stehen.

Dass sie etwas Sinnvolles tun und sich einbringen möchten, wird schnell deutlich. Mit Elan machen sie sich über die Tunnelwände her. Für die Schüler ist die freiwillige Arbeit im Tunnel praxisorientierter Unterricht und aktive Auseinandersetzung mit lokaler Geschichte zugleich.
Bei der Gedenkstätteninitiative sieht man dieses freiwillige Engagement sehr gerne. Denn der Unterhalt der Stätten ist nicht gerade billig. Die Idee zur Beteiligung der Schüler kam während einer Führung ihrer Berufsschulklasse auf dem "Weg der Erinnerung" durch den Vorsitzenden der KZ-Gedenkstätteninitiative Leonberg, Eberhard Röhm auf. An vielen Leonberger Schulen ist das KZ und die Produktion von Tragflächen für Kampfflugzeuge in den Röhren des Engelbergtunnels inzwischen fester Bestandteil des Geschichtsunterrichts.

"Drei Montagewagen in der Mitte des Tunnels sollen stilistisch andeuten, in welcher Form ursprünglich die Produktion stattfand", erklärt Böhm. Das verbliebene Tunnelstück bildete damals das Ende der Produktionsstrecke, die sich vom Eingang des Osttunnels über ein Verbindungsstück bis zum Ausgang des Westtunnels erstreckte. Die Tragflächen wurden mit solchen Wagen von einer Montierstation zur nächsten befördert.

Die Initiative möchte mit der Dokumentationsstätte aber auch das oft abstrakt bleibende Leid des Einzelnen besser begreifbar machen. Dazu soll der räumliche Gegensatz der Tunnelseitenwände genutzt werden, um im übertragenen Sinne der Ideologie des NS-Regimes das Schicksal des Einzelnen gegenüberzustellen. An der linken Tunnelwand sind Hintergrundinformationen über das Terror-Regime der Nazis vorgesehen. Die rechte Wand soll mit Dokumenten und Bildern das Schicksal des einzelnen Zwangsarbeiters verdeutlichen.

Die Eröffnung der ständigen Ausstellung im Tunnel, zu der ehemalige Häftlinge und Angehörige eingeladen werden, ist für den 29. Juni vorgesehen.


zurück