Brüssel finanziert KZ-Gedenkstätte

von Alexander Ikrat
Installation im Engelbergtunnel
Stuttgarter Nachrichten, 13. Januar 2007

Leonberg - Mehr als acht Jahre, nachdem die Fahrzeuge aus Deutschlands erstem Auobahntunnel verschwanden, kann die KZ-Gedenkstätteninitiative Leonberg einziehen. Brüssel stellt 40.000 Euro für die Erinnerung an die tödliche Zwangsarbeit in der Röhre zur Verfügung.

Als die Autos im Sommer 1998 noch das steile Stück zum Tunnel hoch donnerten, hielt Eberhard Röhm einen Steinwurf entfernt eine Ansprache. Vor einem neuen Gedenkstein an Stelle des einstigen Konzentrationslagers forderte der Theologe: „Wenn der Tunnel mal verfüllt wird, müssen wir am Portal eine Gedenkstätte errichten."

Die meisten Leonberger dachten anders. Als der Basistunnel Monate später eröffnet wurde, trafen sich ein paar Stockwerke höher tausende zur Hocketse. Discos und Abi- Feiern folgten, 9000 unterschrieben für eine Umgehungsstraße. Schließlich übernahm Schimmel die Herrschaft über den Tunnel, und der Gemeinderat beschloss, erst die Oströhre mit Erdreich zu füllen, dann einen Teil der Weströhre und nun den Rest.

Dass etwa 20 Meter auf Leonberger Seite erhalten bleiben, ist ein Erfolg der KZ-Gedenkstätteninitiative um Eberhard Röhm. 1999 gegründet, erarbeitete sie zunächst die Geschichte des Lagers zur Produktion für den Flugzeugbauer Messerschmitt in Buchform. Dann beschilderte sie einen „Weg der Erinnerung" und errichtete eine 30 Meter lange und drei Meter hohe Stahlwand mit den Namen von 2908 Häftlingen, die in Leonberg schufteten. Mindestens 398 starben. Inzwischen führt die Initiative 2000 Interessierte jährlich übers Areal, Schulklassen auch aus Israel, Gruppen von Lehrern oder Pfarrern und sogar Betriebsausflüge. Die Stadt empfängt regelmäßig ehemalige Häftlinge, zuletzt aus Australien. Weil Leonberg aber zu den klammen Kommunen zählt, muss die Initiative auch in Finanzierungsfragen Fantasie beweisen.

Für die 70 000 Euro teure Stahlwand fand sie einen EU-Topf, der 40 000 Euro hergab. Aus dieser Quelle kommt nun auch ein Zuschuss in gleicher Größenordnung für das Tunnelprojekt, der es der Stadt unmöglich macht, die Röhre komplett zuzuschütten. Damit soll in diesem Jahr eine Installation eingerichtet werden, die Zeugenberichte ebenso optisch und akustisch darstellt wie die Tragflächenproduktion für den Jagdbomber ME 262.

Die Initiative feiert noch einen Erfolg: Für einen Ausstellungs- und Veranstaltungsraum im Samariterstift auf dem ehemaligen KZ-Gelände hat die Landesstiftung 15.000 Euro genehmigt.

Berichtigung: Die Ost-Röhre war von Anfang an im Jahre 1999 durch den Bund verfüllt. Die West-Röhre – im Eigentum der Stadt Leonberg – muss aus Sicherheitsgründen, bis auf 20 Meter, jetzt verfüllt werden.


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