Der Fundus für die künftige KZ-Gedenkstätte wächst weiter

von Anja Tröster
Schüler haben ein Jahr lang recherchiert und ein Modell des ehemaligen Arbeitslagers am Engelbergtunnel angefertigt
Stuttgarter Zeitung, 15. November 2003

LEONBERG. Es war eine knappe Übergabe, bevor die Schüler ins Wochenende eilten: Ein Ethikkurs der elften und zwölften Klasse der beruflichen Gymnasien hat der KZ-Gedenkstätten-Initiative ein selbst gebautes Modell des Arbeitslagers überreicht.

Noch gibt es weder ein Museum noch eine Gedenkstätte. Und damit verpufft aus Sicht der Schüler leider auch das Gefühl, etwas zu einer wichtigen Gemeinschaftsleistung beigetragen zu haben. Einstweilen wird das Modell aber Asyl im Samariterstift finden - und von jenen, die sich auf den von der KZ-Gedenkstätten-Initiative angelegten "Weg der Erinnerung" begeben, bereits von heute an besichtigt werden können.

Vor einem Jahr hatte die Gestaltungsgruppe der Initiative beim Rektor der Schulen angefragt, ob nicht ein Kurs Interesse am Bau eines historischen Modells hätte. Bis zur Übergabe dauerte es dann - manchen fast zu lang, wie die Rede von Renate Stäbler, der stellvertretenden Vorsitzenden der Initiative, andeutete.

Sie zeigte sich zufrieden mit dem Modell, wenn auch nicht gerade überschwenglich begeistert: "Im Rahmen der Möglichkeiten, die die Schüler hatten, ist das sicher ein gutes Modell geworden." Weitaus begeisterter reagierte der Vorsitzende Eberhard Röhm und überreichte den Schülern zum Dank erste Exemplare der Broschüre "Auf den Spuren von KZ und Zwangsarbeit in Leonberg", die am Sonntag vorgestellt wird.
Im Rahmen einer "handlungsorientierten Themenarbeit" haben sich nacheinander zwei Ethikkurse an die Arbeit gemacht.

In dem Projekt ging es um zwei Fragen: Welche Rechte haben Menschen? Und warum werden Menschen gewalttätig? Nachdem die Schüler sich in das Thema eingearbeitet hatten, ließen sie sich bei mehreren Exkursionen von Mitgliedern der Initiative zeigen, was heute noch von dem ehemaligen Leonberger Lager geblieben ist - und wie man künftig mit der Erinnerung an die Vergangenheit umgehen will. "Dabei haben wir versucht, sie mitzureißen und für unsere Arbeit zu begeistern", sagt Renate Stäbler. Eine ausgiebige Literaturrecherche folgte.

An die könne man zwar nicht unbedingt wissenschaftliche Maßstäbe anlegen, sagt Ragen Bayer, der verantwortliche Lehrer. Doch dass sie äußerst systematisch ausfiel, ist an der Dokumentation abzulesen, die im Treppenhaus der Berufsschule ausgestellt ist: Der Kurs besorgte sich beim Vermessungsamt ein Höhenprofil. Mit Computerausdrucken historischer Fotos von den damaligen Gebäuden schufen die Schüler schließlich ein maßstabsgerechtes Modell, indem sie sie zu Miniaturhäusern zusammenklebten. Die Lagerzäune sind auf transparente Folie gedruckt - eine kreative Lösung, die der Lehrer lobt.

Ragen Bayer ist jedenfalls begeistert von dem, was seine Schüler während des einjährigen Projekts vollbracht haben. "Ein guter Lehrer ist lediglich Statist", betont der Pädagoge. Er ist fest davon überzeugt, dass die heutigen Schüler weitaus besser sind als der schlechte Ruf, der ihrer Generation nicht erst seit der Bildungsstudie Pisa vorauseilt.

Nachtrag: Das Modell wird im Samariterstift, Haus Seestraße 80, erst zu sehen sein, wenn die dazu gehörende Schutz-Vitrine fertig gestellt ist.


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