Die Christen unserer Stadt erinnern sich: Zum 8. Mai 2005

von Eberhard Röhm
Kirche für die Stadt April/2005

In ganz Deutschland erinnern sich die Menschen an das Ende der Naziherrschaft vor 60 Jahren, in Leonberg erinnern sich nicht zuletzt die Christen an die drei Wochen zuvor erfolgte Auflösung des Leonberger KZ. Gewissermaßen auf kirchlichem Grund erbaut, auf den Wiesen und Äckern des Margaretenheims, des späteren Samariterstifts.

Heute noch sind Reste der 1944 für Tausende von KZ-Häftlingen errichteten Betonbauten erhalten und ist der ursprüngliche Grundriss des neuen Lagers erkennbar. 1998 hat das Samariterstift bei seinem 50-jährigen Jubiläum dieses geschichtliche Erbe zum Anlass genommen, in der Mitte des Altenzentrums einen gut sichtbaren Gedenkstein mit einer Informationstafel zu setzen.

Dieses Ereignis gab den Anstoß zur Gründung der KZ-Gedenkstätteninitiative Leonberg e.V., bei der inzwischen die katholische Kirchengemeinde und die meisten der evangelischen Teilkirchengemeinden Leonbergs korporativ Mitglied sind. Die Blosenbergkirchengemeinde, deren Kirchengebäude 1967 am Rande des Lagergeländes errichtet wurde, hat der daraus erwachsenen Verpflichtung Rechnung getragen, indem sie 1992 im Vorraum der Kirche ein in einem künstlerisch gestalteten Schrein aufbewahrtes Gedenkbuch mit den Namen der damals bekannten 293 Toten des Lagers schuf.

Die Evangelische Erwachsenenbildung im Haus der Begegnung war es auch, die zusammen mit der Stadt 1978/79 in einem ersten Anlauf sich gründlicher der Geschichte des Leonberger KZs angenommen hat.

Erinnern und Gedenken, vor allem an die Opfer, die im letzten Kriegsjahr mitten in unser Stadt geschunden, gefoltert und ermordet wurden, gehört zu den ureigensten Aufgaben einer Christengemeinde.

Am Sonntag, 8. Mai 2005, um 11.30 Uhr, wird vor dem alten Engelbergtunnel eine Gedenkstätte in Gestalt einer 25 Meter breiten und drei Meter hohen Namenswand eingeweiht werden. Auf ihr stehen die uns inzwischen bekannten Namen von 2892 KZ-Häftlingen und 16 Zwangsarbeitern außerhalb des KZ. Sie waren zu Nummern degradiert. Ihre Peiniger wollten ihnen damit ihre Identität rauben, sie zur gesichtslosen Nummer stempeln. Jetzt sollen diesen Männern symbolisch ihre Namen, die im Himmel geschrieben sind, auch hier auf Erden wieder gegeben werden. Ähnliches geschieht zeichenhaft in der Taufe.

In der Taufe wird der Täufling mit seinem Namen angesprochen, dass ich weiß: Wenn es scheint, dass alle Menschen mich nicht mehr kennen wollen, Gott, der Vater, kennt mich mit Namen und ich darf seinen Namen anrufen. "Gott hat das erste Wort. Eh wir zum Leben kamen, rief er uns schon mit Namen und ruft uns fort und fort." (Gesangbuch Lied 199)

An diesem Tag wird es um beides gehen: Die Erinnerung an das Verbrechen und die Schuld wie auch um den Dank angesichts der Versöhnung, die in den letzten Jahren statt gefunden hat. Dafür werden die von der Gedenkstätteninitiative und der Stadt Leonberg eingeladenen, anwesenden vielen ehemaligen KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter mit ihren Angehörigen der lebendige Beweis sein.

Vor der Einweihungsfeier am 8. Mai sind alle eingeladen zu einem auf diesen Tag gestimmten, von den Leonberger Kirchen ökumenisch verantworteten Gottesdienst in der Blosenbergkirche um 10 Uhr.


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