Die Opfer hinter den Nummern bekommen einen Namen

von Arnold Einholz
Leonberger Kreiszeitung, 13. Oktober 2004

LEONBERG - Die Sponsoren- und Spendenwerbung für die geplante KZ-Gedenkstätte vor dem alten Engelbergtunnel hat begonnen. Sie wird eines der Hauptthemen auf der Mitgliederversammlung am Mittwoch, 20. Oktober, 19.30 Uhr, im Samariterstift in der Seestraße 80 sein.

Die von der KZ-Gedenkstätteninitiative geplante Gedenkstätte ist eine von dem Künstler Johannes Kares aus Tübingen entworfene Wand aus Stahlplatten, 25 Meter breit und drei Meter hoch. Sie wird entlang der bestehenden Stützmauer vor dem alten Engelbergtunnel errichtet werden. In die Stahlplatten werden die bis jetzt bekannten etwa 3000 Namen der KZ-Häftlinge mit Lasertechnologie von einer Leonberger Firma eingeschnitten. So soll symbolisch den Männern, die zur Nummer degradiert wurden, ihre Namen wiedergegeben werden.

Diese Wand kostet rund 50 000 Euro. Mit den Rücklagen des Vereins sowie den Spenden der Wüstenrot-Stiftung, der Kulturstiftung der Kreissparkasse Böblingen und der Firma Trumpf sowie einer Spende von Alt-Bundespräsident Richard von Weizsäcker ist fast die Hälfte der Kosten gedeckt.

Die Gedenkwand wird voraussichtlich bis zum 8. Mai 2005 stehen. Zusammen mit ehemaligen Leonberger KZ-Häftlingen und ihren Familien soll der Tag gemeinsam begangen werden. Der Gedenkstättenverein hat auch "Bausteine" gedruckt. Auf jedem "Baustein", der für 20 Euro erworben werden kann, steht der Name eines ehemaligen KZ-Häftlings. Den ersten "Baustein" haben bereits gestern die Nachkommen des ehemaligen holländischen KZ-Insassen Hendrik Jan Nieuwenhuis erworben. Außerdem werden einzelne Vereinsmitglieder auf der Versammlung am 20. Oktober Neues zur Geschichte des KZ Leonberg und zur Leonberger Nachkriegsgeschichte berichten.

Im Juni 2004 hat der Historiker Joachim Baur, der Mitherausgeber des Buches "KZ und Zwangsarbeit in Leonberg", im Auftrag der KZ-Gedenkstätteninitiative eine Woche lang in den National Archives in Washington nach unbekannten Dokumenten über das KZ Leonberg geforscht. Einige dieser Entdeckungen wird Vereinsvorsitzender Eberhard Röhm vorstellen.

So besitzt die Initiative jetzt eine zum ersten Mal entdeckte Liste mit Namen von 100 Häftlingen und deren Nummern, die am 10. Oktober 1944 von Dachau nach Leonberg transportiert wurden. Unter ihnen befindet sich der Name des ältesten noch lebenden Leonberger KZ-Häftlings Kaere Kverneland aus Norwegen, der im Jahre 2001 zusammen mit seinem Sohn zu Gast in Leonberg war.

Entdeckt wurden auch Luftaufnahmen von Leonberg und Umgebung, die darauf schließen lassen, dass im November 1944 ein Tieffliegerangriff auf die Messerschmitt-Produktion im Engelbergtunnel und das Werksgebäude des Presswerks am heutigen Ort von Möbel Mutschler vorgesehen war, dann aber doch unterblieb.

Auch Renate Stäbler, die stellvertretende Vorsitzende des Vereins, hat neues Material über das KZ zusammengetragen. Sie wird der Mitgliederversammlung die Erinnerungen einer ehemaligen Mitarbeiterin in der Lagerküche präsentieren sowie einen Bericht über die Behandlung der KZ-Insassen im damaligen Leonberger Krankenhaus.


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