Eine sehr bewegende Begegnung

Im Vorfeld des Volkstrauertages am morgigen Sonntag berichtet uns Irmela Richartz von einer besonderen Bekanntschaft
Leonberger Kreiszeitung, 16. November 2013

Es ist eine Begegnung gewesen, die man nicht mehr vergisst", schreibt uns unserer Leserin Irmela Richartz. „Kürzlich, an einem sonnigen Sonntag, machten wir - mein im Rollstuhl sitzender Mann, unser Sohn und ich - uns auf, um in einem gemütlichen Lokal am Leonberger Marktplatz einzukehren.

Auf dem ruhigen Platz suchten vier Ortsfremde offenbar nach einem Touristenbüro, das sie im oder beim Alten Rathaus vermuteten. In der Gaststätte begegneten wir ihnen wieder, wo sie am Nachbartisch Platz nahmen. Es handelte sich um Franzosen. Bei der Bestellung des Essens gab es sprachliche Hürden, sodass unser Sohn Hilfestellung leistete. Auf diese Weise kamen wir mit ihnen ins Gespräch.

Ein alter Herr war mit seiner Frau, seiner Tochter und dem Schwiegersohn aus Belfort gekommen, um nach Spuren seines Vaters zu suchen. Dieser sei gegen Ende des Krieges von den Deutschen nach Dachau verschleppt, von dort nach Leonberg ins Arbeitslager gebracht worden und sei hier schließlich ums Leben gekommen. Am Vortag hatte die Familie Dachau aufgesucht und ist dann nach Leonberg gekommen, wo ein Zufall zu unserer Begegnung führte.

Es entwickelte sich ein herzliches, heiteres Gespräch, in dessen Verlauf uns die Gäste aus Belfort zu einem Glas Wein einluden. Nach dem Essen brachen wir gemeinsam auf und gingen zum Alten Friedhof an der Seestraße, wo unser Sohn ihnen einige weitere Informationen zum „Weg der Erinnerung" geben konnte. Während mein Mann und ich heimgingen, begleitete unser Sohn die Gäste zu der Gedenkstätte im alten Engelbergtunnel, die an diesem Sonntag geöffnet war.

Vor der großen, stählernen Namenswand blieb der alte Herr stehen, suchte - und fand dort den Namen seines Vaters. Er sank wortlos in sich zusammen, unser Sohn stützte ihn. Schweigend setzten die fünf ihren Weg fort zum Mahnmal auf dem Blosenberg. Trauer, aber auch Erlösung waren im Gesicht des alten Herrn zu erkennen.

Unser Sohn ging dann mit ihnen zurück und es wurde für alle ein bewegender Abschied."

Gedenken

Am Volkstrauertag, 17. November, um 11.30 Uhr, findet beim Friedensmahnmal im Stadtpark eine zentrale Feierstunde zum Gedenken der Toten der beiden Weltkriege, wie auch der Opfer von Gewaltherrschaft, Terror und ethnischer Verfolgung statt. Es sprechen Oberbürgermeister Bernhard Schuler, Pfarrerin Claudia Trauthig und Wolfgang Wendorf vom „VdK Leonberg. Die Johanneskantorei wirkt musikalisch mit. Im Anschluss lädt die KZ-Gedenkstätteninitiative zu einem Gang zur Gedenkstätte im alten Engelbergtunnel ein.


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