Industrieatmosphäre und Klanginstallation im Tunnel

von Dirk Sonntag
Leonberger Kreiszeitung 28. Juni 2002

LEONBERG - Wie könnte der Engelbergtunnel in Zukunft aussehen? Die KZ-Gedenkstätteninitiative hatte zu ihrem Treffen im Samariterstift die Architektin Elke Banabak eingeladen, die im Rahmen ihrer Diplomarbeit an der Universität Stuttgart ein Konzept für eine KZ-Gedenkstätte in und vor dem Engelbergtunnel erarbeitet hat.

"Das Thema Erinnerung interessiert mich schon seit langem'', erklärte Elke Banabak ihren Bezug zu dem von ihr behandelten Thema. Allerdings war ein Gedenkstättenkonzept für Leonberg nicht gerade einfach. "In Leonberg gibt es fast keine Spuren des ehemaligen Konzentrationslagers mehr'', stellte Elke Banabak fest.

Der einzige markante bauliche Zeuge aus dieser Zeit ist die Tunnelröhre. Banabak will mit ihrem Konzept das Rad der Zeit nicht zurückdrehen. Der Tunnel soll in seinem jetzigen Zustand erhalten bleiben. Durch einen Metallboden und Neonlicht will die Architektin eine kalte Industrieatmosphäre schaffen. Zudem sollen auf einer Strecke von 200 Metern der Röhre 16 Lautsprecher angebracht werden, aus denen eine Klanginstallation dem Besucher eine persönliche Erfahrung mit der Vergangenheit geben soll.

Diese Klanginstallation würde aus Interviews mit verschiedenen Überlebenden und von Schauspielern vorgelesenen Dokumenten zum KZ Leonberg bestehen. Banabak hatte die Interviews mit den Zeitzeugen selbst geführt und die Dokumente aus verschiedenen Archiven und Büchern zusammengetragen.

Die Realisierungschancen für die Vorschläge der jungen Stuttgarter Architektin gehen jedoch nahezu gegen null. "Wir haben uns heute mit einem Fachmann getroffen, um das Belüftungsproblem zu besprechen. Er hat uns mitgeteilt, dass dies unsere Möglichkeiten um ein Vielfaches überschreiten würde'', so Renate Stäbler von der Gedenkstätteninitiative. Banabak selbst: "Die Diplomarbeit war zum Herumspinnen. Gedanken über die Realisierbarkeit habe ich mir keine gemacht. Das wäre erst der nächste Schritt gewesen.''

Eine Umsetzung der Toninstallation an einem anderen Ort kann sich Banabak nicht vorstellen. "Es ist auf den Tunnel zugeschnitten und funktioniert nur dort'', machte sie deutlich. Dennoch fand die Idee der Toninstallation bei den Mitgliedern der Initiative Anklang. Die Gestaltungsansätze seien um eine weitere Möglichkeit bereichert worden, so der Tenor. Auf besonderes Interesse stieß die Idee, auf dem Weg der Häftlinge vom Bahnhof über das Gelände des Samariterstifts, auf dem die Wohnbaracken der Häftlinge standen, bis zum Tunnel, in dem sie arbeiteten, kleine Bronzetafeln am Boden anzubringen, auf denen jeweils der Name eines anderen Konzentrationslagers und die Entfernung dorthin eingraviert sind.

Diese Tafeln sollen denjenigen, der durch Leonberg gehen und auf eines der Schilder trifft, zum Nachdenken anregen. Banabak wollte kein didaktisches Konzept erstellen, bei dem der Besucher belehrt wird, sondern es sollte Interesse wecken und beeindrucken. Die Gestaltung sollte nicht nach einem abgeschlossenen Lehrschema geschehen. Die Architektin stellte bei der Betrachtung anderer Gedenkstätten fest, dass dann die Möglichkeit der Distanzierung des Besuchers besteht. Diese Option wollte sie ihm jedoch nicht geben.


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