Kooperation mit Daimler?

von Martin Reinkowski
Stuttgarter Zeitung, Freitag, 24. Mai 2002

Gedenkstätteninitiative lässt sich über Pläne informieren

LEONBERG. Daimler-Chrysler möchte im alten Engelbergtunnel Lichttests machen, die Gedenkstätteninitiative an die Zwangsarbeit im Zweiten Weltkrieg erinnern. Passt das zusammen? Die Initiative sucht jetzt das Gespräch.

Die Mitglieder der KZ-Gedenkstätteninitiative Leonberg haben beschlossen, sich von Daimler-Chrysler informieren zu lassen. Bekanntlich plant der Autobauer zusammen mit der Firma Bosch, in der alten Weströhre des Engelbergtunnels vier Jahre lang Autoscheinwerfer zu testen. Die Initiative wird nach dem Gespräch abwägen, ob sich ihr Projekt einer Gedenkstätte im Tunnel mit den Lichttests verträgt.

Einige Mitglieder, zum Beispiel die Stadträtin Gudrun Sach, sind strikt gegen das Nebeneinander von Konzern und Gedenkstätte im Tunnel. Sach sieht Daimler-Chrysler als Rechtsnachfolger der Messerschmitt-Flugzeugwerke an, die im Zweiten Weltkrieg den Tunnel als Produktionsstätte benutzt hatten. Zwangsarbeiter mussten dort die Flügel von Düsenjägern herstellen.

Hätte damit Daimler-Chrysler nicht erst recht allen Grund, im Tunnel mit der Initiative zu kooperieren und ihr die geplante Lüftungsanlage zu überlassen, wenn die Tests nach vier Jahren enden? Für Sach hat der Konzern hier zuerst ein wirtschaftliches Interesse. Die Beteiligung an der Gedenkstätte wäre in ihren Augen nur ein Abfallprodukt. Außerdem könne sie sich nicht vorstellen, mit Schülern oder ehemaligen Häftlingen den Tunnel zu besuchen, wenn dort Daimler seine Tests mache. Die Initiative betreibt mit den früheren Zwangsarbeitern einen lebhaften Austausch und arbeitet seit vier Jahren an den Plänen für die Gedenkstätte.

Von der Stadt Leonberg fühlen sich die Mitglieder überrumpelt. Sie seien über die Pläne von Daimler nicht informiert worden. Deshalb wollen die Vorsitzenden Eberhard Röhm und Renate Stäbler jetzt direkt mit dem Konzern sprechen. Mitglieder wie zum Beispiel Martin Riethmüller halten es durchaus für möglich, mit der Firma zu kooperieren, zumal die Gedenkstätte am Eingang des 300 Meter langen Tunnels entstehen soll.

Inzwischen hat die Initiative auch genauere Vorstellungen. Im Gespräch sind zwei Mahnmale: ein Wachturm aus Stahl und ein Holzpodest für zusammen 55 000 Euro.


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