Letzter Schritt zum "Weg des Erinnerns"

von Sybille Schurr
Informations- und Dokumentationsstätte im Engelbergtunnel wird am 29. Juni eröffnet
Leonberger Kreiszeitung, 7. März 2008

Leonberg. "Wir werden die Gespenster einer vergangenen Welt sein und ich habe Angst, dass keiner daran erinnert werden will, was geschehen ist", schreibt der holländische Jude Coen Rood. Gegen das Nichtwissenwollen kämpft die Leonberger KZ-Gedenkstätteninitiative.

Einzig das Erinnern gibt den Namenlosen, den nummerierten Arbeitssklaven, ihre menschliche Würde zurück. Die Orte des Erinnerns an 3000 Männer aus 24 Nationen Europas, die im KZ Leonberg der Willkür der SS ausgesetzt waren, sind über ganz Leonberg verstreut. "Der Weg des Erinnerns" wird nun vollendet mit der Informations- und Dokumentationsstätte im Engelbergtunnel. Lange haben die 66 Mitglieder der Initiative darum gekämpft. Am 29. Juni soll die Gedenkstätte eröffnet werden.

Bei der Mitgliederversammlung stand die Vorstellung der Gedenkstätte im Mittelpunkt. 25 Meter sind übrig geblieben von den zwei 300 Meter langen Tunnelröhren. Auf diesen 25 Metern wird eine entsetzliche Geschichte erzählt. Zitate von Avrahm Ary, 1928 in Bialystok geboren, heute lebt er in Israel, sind der Leitfaden auf dem Weg durch den Tunnel. In neun Kapiteln mit 32 Unterkapiteln ist die Geschichte des Grauens gegliedert.

"Der Tod war immer unter uns und mähte unser Leben wie der Bauer das Gras" - dieses Zitat des italienischen Häftlings Giuseppe Zorzin steht in überdimensionalen fluoreszierenden Buchstaben an der rückwärtigen Tunnelwand. Grundlage des gestalterischen Konzepts sind die Planungen des Ulmer Büros Braun und Engels. Rund 54 000 Euro kostet die Ausgestaltung der Gedenkstätte. 28 000 Euro bekommt die Leonberger Initiative dafür aus einem europäischen Fonds. Aber auch die Restfinanzierung sei bereits sicher, so Eberhard Röhm, Vorsitzender der KZ-Gedenkstätteninitiative.

Wichtigste Besucher-Zielgruppe sollen Schüler sein. Erfreut teilte Röhm den Mitgliedern mit, dass im Leonberger Albert-Einstein-Gymnasium das KZ Leonberg in Zukunft Inhalt des Curriculums für die neunten Klassen sei. Schüler des Renninger Gymnasiums werden sich am 7. Mai auf den Weg der Erinnerung begeben. Die Schüler wollen von Renningen nach Leonberg zu Fuß gehen, vor dem Tunneleingang wird ihr Marsch enden. Vor einem Jahr scheiterte der Plan eines Ostermarsches am Veto der Schulleitung, doch die Schülervertreter haben nicht lockergelassen und sich schließlich durchgesetzt.

In Zukunft wird es für die Initiative möglich sein, im Rahmen von Führungen auf dem "Weg der Erinnerung" Besucher noch intensiver mit der Geschichte des KZ Leonberg vertraut zu machen. Die Samariterstiftung hat der Initiative einen Raum in Gebäude 74 zur Verfügung gestellt, der mit Mitteln der Landesstiftung zu einem Gedenkstätten- und Medienraum ausgestaltet wurde. Am 15. März wird der Gedenkstättenraum offiziell seiner Bestimmung übergeben.

Die KZ-Gedenkstätteninitiative kämpft gegen das Vergessen und wendet dabei den Blick nicht nur zurück. Die Arbeitsgruppe "Gegen Rechts" sucht Verbündete im Kampf gegen neue rechte Strömungen. Klaus Beer, Sprecher des Arbeitskreises, beklagt Tendenzen, die Augen vor der Wiedererstarkung der NPD zu verschließen. "Wir müssen uns aktiv für ein Verbot der NPD einsetzen", appellierte Beer an die Mitglieder.

Der gesamte Vorstand der Initiative wurde (ohne Gegenkandidaten) im Amt bestätigt. Eberhard Röhm und der zweiten Vorsitzenden Renate Stäbler stehen als weitere Vorstandsmitglieder Beate Adler, Klaus Beer, Irmtraud Klein, Holger Korsten und Martin Riethmüller zur Seite.


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