Neue Exponate gegen das Vergessen

von Tim Rudeck
Der KZ-Gedenkraum des Leonberger Stadtmuseums ist erweitert - Beeindruckende Pläne, Tafeln und Karten.
Leonberger Kreiszeitung, 11. Mai 2009

Leonberg. Der KZ-Gedenkraum des Stadtmuseums erinnert an die Opfer des Konzentrationslagers in Leonberg. Vor kurzem wurde der Raum umgestaltet und mit neuen Exponaten erweitert. Für die Neueröffnung wählten die Verantwortlichen ein besonderes Datum.

Der 8. Mai 1945 markiert die Kapitulation der deutschen Wehrmacht und damit das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa. Im Stadtmuseum Leonberg wurde diesem geschichtsträchtigen Tag jetzt besondere Aufmerksamkeit zuteil: Die Neukonzipierung des 2001 eröffneten KZ-Gedenkraumes im zweiten Stock des Museums ist seit kurzem abgeschlossen, die neuen Exponate können seit vergangenem Freitag besichtigt werden.

Zu Anfang waren im KZ-Gedenkraum lediglich einige metallische Gegenstände ausgestellt, die aus dem Konzentrationslager in Leonberg stammen. Diese wurden während der Erweiterung mit neuen Exponaten ergänzt. Dazu zählt unter anderem eine Belegungstafel des KZ Leonberg, auf der 701 Häftlinge nach Nationalitäten geordnet aufgeführt sind. Aus welcher Zeit die Tafel stammt, kann nur schwer bestimmt werden.

Eberhard Röhm, Vorsitzender der KZ-Gedenkstätteninitiative Leonberg, ging der Frage auf den Grund: "Die Tafel muss aus der Anfangszeit des Konzentrationslagers stammen, da weder Ungarn noch Norweger aufgeführt sind." Damit könne die Tafel zu der Zeit angefertigt worden sein, zu der das nationalsozialistische Deutschland noch mit Ungarn verbündet gewesen sei.

Neben der Belegungstafel kam eine Fachwand an der Südseite des Raumes hinzu. An der Wand sind acht Fächer angebracht, in die dicke Karten mit den Überschriften "Mut", "Gefahr", "Ohnmacht" eingesteckt sind. Kristin Koch-Konz setzte sich als Leiterin des Stadtmuseums besonders für dieses Ausstellungsstück ein: "Auf den Karten findet man Beschreibungen von Situationen, in denen ein direkter Kontakt zwischen der Leonberger Bevölkerung und den KZ-Häftlingen stattgefunden hat."

Das größte neue Objekt im Gedenkraum ist ein Plan der damaligen Stadt Leonberg. Auf diesem sind die ehemaligen Industrieanlagen der Firma Messerschmidt - für die die Gefangenen im Engelberg Tragflächen des Düsenjägers ME 262 fertigten - und das Konzentrationslager zu sehen.

Besonders daran ist, dass der Besucher mit der Karte interagieren kann. Zwei Glasscheiben mit authentischen Luftbildaufnahmen der britischen und amerikanischen Luftaufklärung können über den Plan gerollt werden, um so die damaligen Bauten des Konzentrationslagers und der Kaserne besser erkennbar zu machen.

Der Gedenkstätteninitiative ist es zu verdanken, dass Plan und Aufnahmen den Weg vom amerikanischen Nationalarchiv in Washington nach Leonberg fanden. Mit der Markungskarte soll in erster Linie die Rolle der Rüstungsindustrie in Leonberg verdeutlicht werden - wie die der Firma Messerschmidt. Ebenfalls neu im Gedenkraum sind fünf Kurzporträts von Menschen, die in den Jahren 1944 und 1945 nach Leonberg verschleppt wurden. Porträtiert sind drei KZ-Häftlinge und zwei Zwangsarbeiter.

Damit solle es vor allem Schülern, die das Museum besuchen, leichter fallen, das Geschehene zu begreifen. "In der Hirnforschung hat sich gezeigt, dass Menschen am besten von sozialen Situationen lernen", so Kristin Koch-Konz. Und lernen müsse man aus der Geschichte, sofern das möglich sei.


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