Rundbrief KZ-Gedenkstätteninitiative Leonberg Juni 2010

Liebe Mitglieder und Interessierte an der Arbeit der Initiative,
wir wollen Euch über Aktuelles informieren:

1. Einer unsere Freunde, der ehemalige KZ-Häftling Kamil Pixa aus Tschechien, ist vor zwei Jahren verstorben, wie wir erst jetzt von seinem Sohn erfahren haben. Beide waren bei der Einweihung der Namenswand am 9. Mai 2005 unsere Gäste. Monica Mather und Renate Stäbler, die vor Jahren schon den Kontakt zu Kamil Pixa herstellen konnten, haben einen Nachruf auf Kamil Pixa geschrieben (siehe unten), mit dem wir seiner gedenken wollen. Wer dieser Tage an der Namenswand oben vorbei kommt, findet an seinem Namen eine Rose, die an seinem Todestag, am 8. Juni, zur Erinnerung an ihn eingesteckt wurde.

2. Am Donnerstag, 24. Juni, um 19.30 Uhr, gibt es in der Aula des Gymnasiums Rutesheim eine öffentliche Filmpremiere besonderer Art, zu der Ihr alle eingeladen seid. Marcel Murschel, ein früherer Schüler dieser Schule hat als Abitursarbeit für seine Abiturprüfung im letzten Jahr einen 45-minütigen Film über das KZ Leonberg gedreht. Er reiste dafür im August 2008 eigens nach Charmes/Frankreich, um den ehemaligen KZ-Häftling Albert Montal zu interviewen. Der Film wurde im Juni letzten Jahres während des Aufenthalts französischer Schüler aus der Gegend um Charmes hier in Leonberg im kleinen Kreis zum ersten Mal gezeigt und fand begeisterte Aufnahme. Jetzt feiert seine ehemalige Schule mit ihm zusammen Premiere vor großem Publikum. (Näheres siehe unten in der Presseinformation des Gymnasiums Rutesheim.)
Am 7./8. Mai dieses Jahres besuchte eine Gruppe von Französisch sprechenden Schülerinnen und Schülern des Leonberger Johannes-Keplergymnasiums die Stadt Charmes. An dieser Fahrt nahm auch Marcel Murschel teil und übergab Herrn Montal und dem Bürgermeister von Charmes, Gilbert Claudel, eine DVD mit französischen Untertiteln.
Hinweis: Eine DVD des Films (Titel: „Der Wille zu leben“) in deutscher Fassung kann bei der KZ-Gedenkstätteninitiative gegen eine Spende in Höhe von 10 EUR zuzüglich Versandkosten erworben werden.

3. Eine Arbeitsgruppe unserer Initiative bereitet zur Zeit eine Vortragsreihe und eine Ausstellung zum Gedenken an die „Euthanasie-Opfer aus Leonberg“ vor. Die Leonberger Kreiszeitung berichtete am 8. Mai bereits darüber. Vor 70 Jahren wurden in einem von der Samariterstiftung beschlagnahmten Haus in Grafeneck auf der Schwäbischen Alb mehr als 10.000 behinderte Frauen und Männer ermordet. Wir kennen inzwischen die Namen von neunzehn Opfern dieser Aktion aus Leonberg. Ihrer soll mit einer Ausstellung im Haus der Begegnung (Eröffnung am 11. Oktober), weiteren Vorträgen und einem Gottesdienst in der Stadtkirche am 24. Oktober gedacht werden.
Wir suchen noch einen Gestalter, der uns auf seinem PC die Text/Bildvorlagen für A3-Ausdrucke herstellt. Unter den älteren Historikern ist niemand, der das gut beherrscht.
Wir sind außerdem dankbar für Spenden zur Herstellung der Ausstellungstafeln.
Hinweis: Über die lila „Spur der Erinnerung“ von Grafeneck nach Stuttgart ist ein bewegender 31-minütiger Film auf DVD entstanden. 14.95 EUR. Bezug: www.die-anstifter.de. Peter Grohmann, Olgastr. 1A, 70182 Stuttgart.

4. Am Sonntag, 6. Juni, besuchte ein holländischer Historiker auf dem Weg in den Urlaub unser Dokumentationszentrum im Tunnel und berichtete Interessantes über einen in Leonberg verstorbenen KZ-Häftling, dessen Name an der Namenswand zu lesen ist. Er wird uns eine Kurzbiographie über Johannes Wildschut liefern. (Näheres unten)

Herzlichen Gruß Eberhard Röhm und Marei Drassdo, Vorsitzende


Filmpremiere in Rutesheim

Filmpremieren gibt es nicht nur in Cannes oder Berlin, sondern auch in Rutesheim. „Der Wille zu leben“, so heißt das beeindruckende Filmportrait über Albert Montal, einstmaliger Häftling des KZ Leonberg, das am Donnerstag, 24. Juni, um 19.30 Uhr, in der Aula des Gymnasiums Rutesheim erstmals einem öffentlichen Publikum gezeigt wird.
Beeindruckend in vielfacher Hinsicht: Marcel Murschel, ehemaliger Schüler des Gymnasiums Rutesheim, hat diesen Film gedreht, Regie geführt, die Filmmusik komponiert und dabei die Geschichte des Leonberger Tunnels aufgearbeitet.
In 45 Minuten gibt er Einblick in die Hölle in der Nachbarschaft und erinnert an das Grauen der Zwangsarbeit, indem er eine Person in den Mittelpunkt stellt: Den Franzosen Albert Montal, der als junger Mann in Leonberg inhaftiert war und im Leonberger Tunnel am Geheimprojekt der Deutschen Luftwaffe, der Messerschmitt ME 262, arbeiten musste. Marcel Murschel hat Albert Montal in seiner Heimatstadt Charmes besucht und so Informationen aus erster Hand bekommen.
Die Filmpremiere wird musikalisch umrahmt von Marcel Murschel und seiner Band Boodoo, die eigens für den Film komponierte Stücke spielen werden. Außerdem wird er, zusammen mit Dr. Eberhard Röhm von der KZ-Gedenkstätteninitiative e.V. über die Hintergründe des KZ Leonberg und die Entstehung des Films berichten. Im Anschluss an den Film besteht die Möglichkeit für Fragen und Diskussionen. Wer also Cannes versäumt hat, kann es hier nachholen.
Der Abend wird veranstaltet vom Gymnasium Rutesheim, aber er ist über den Horizont der Schule hinaus geöffnet, so dass alle Interessierten eingeladen sind.
Diese Filmpremiere soll den Auftakt geben für eine Serie von weiteren Veranstaltungen unter dem Motto „Out of Rutesheim“, die in unregelmäßiger Folge besondere Leistungen ehemaliger Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Rutesheim ins Blickfeld rücken.
Termin: 24. Juni 2010, 19.30 Uhr, Aula des Schulzentrums Rutesheim


Auf der Spur eines holländischen KZ-Häftlings

Am 6. Juni stellte sich anlässlich der sonntäglichen Tunnelöffnung einer der Gedenkstättenbesucher, Dr. Geert Hovingh aus Holland, als Biograf des KZ-Häftlings Johannes Wildschut vor. Er erzählte, dass er in den 90er Jahren ein Buch über den holländischen Widerständler Johannes Post, zu dessen Gruppe auch Johannes Wildschut gehörte, geschrieben habe. Die Gruppe wurde von den deutschen Besatzern ausgehoben und Johannes Wildschut überlebte als einziger. Im September 1944 wurde er nach Deutschland verbracht und kam als Zwangsarbeiter in das KZ Leonberg, wo er am 31. Januar 1945 starb. Das Buch, das bisher nur auf Niederländisch existiert, trägt den Titel: Geert C. Hovingh: Johannes Post - exponent van het verzet, een biografie, 1995, Kok/Kampen, ISBN 109024264626 (Subjects: Underground movements, World War, 1939-1945, Biography, History; People: Johannes Post 1906-194); Places: Netherlands; Times: German occupation, 1940-1945). Wer etwas niederländisch beherrscht, kann bei Wikipedia unter "Jan Wildschut" einiges finden, u.a. auch einen Verweis auf das „Kamp Leonberg“, dort wiederum ein Link auf unsere Homepage.
Herr Hovingh sagte, dass er uns Teile des Buches, zumindest was die Biografie Jan Wildschuts anbelangt, auf Deutsch zur Verfügung stellen würde. Dies wäre ein weiterer wichtiger Baustein für unsere Biografie-Arbeit.


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