Rechenschaftsbericht des Vorstands der KZ-Gedenkstätteninitiative Leonberg e.V. für das Jahr 2021

Die Arbeit der KZ-Gedenkstätte war im Jahr 2021 zum zweiten Mal geprägt durch die Coronapandemie. Wieder konnten im Vergleich zu früheren Jahren nur wenige Führungen von Schulklassen, unserem Hauptgeschäft, durchgeführt werden und nur drei Vortragsveranstaltungen unter eingeschränkten Bedingungen waren möglich. Allein durch Öffnung der Tunnelausstellung inzwischen regelmäßig an jedem Sonntag von März bis Oktober kam der Kontakt zu einer größeren Zahl von Besuchern zustande.

Schmerzlich mussten wir registrieren, dass die über Jahre hinweg so erfolgreich durchgeführten Vortragsveranstaltungen der AG Bibliothek nicht mehr möglich waren, allein schon durch den Umstand, dass unser Raum im Samariterstift wegen Corona praktisch für uns nicht mehr zugänglich war.  

  1. Schwerpunkt 1 der Gedenkstättenarbeit: 15 Führungen von Schulklassen

Schwerpunkt der Arbeit waren – trotz Corona - immerhin 15 Führungen von Schulklassen und Jugendgruppen auf dem „Weg der Erinnerung“. Verglichen mit der Zeit vor Corona war dies die Halbierung unseres üblichen Angebots. (2019: 29; 2020: 11). Auffällig ist, dass unser Angebot nur noch von wenigen Schulen, hauptsächlich Gymnasien wahrgenommen wird und dabei die Leonberger Schulen, mit denen eine Partnerschaft verbindet, gänzlich fehlen. Allein vom Gymnasium Rutesheim besuchten uns 6 Klassen im Jahr 2021. Beim Gymnasium Rutesheim handelt es sich interessanterweise um das einzige neunstufige Gymnasium im Kreis Böblingen.

  1. Schwerpunkt 2 der Gedenkstättenarbeit: 17 Führungen von Erwachsenengruppen

Erstaunlicherweise fanden 17 Führungen von Erwachsenengruppen statt (Vorjahr: 8), teils kleinere private Gruppen.

  1. Schwerpunkt 3 der Gedenkstättenarbeit: Erweiterte Sonntagsöffnungen der Tunnel-Ausstellung  

Wie schon im Vorjahr war an jedem Sonntag von März bis Oktober die Tunnelausstellung geöffnet, nicht nur zwei, sondern drei Stunden von 14 bis 17 Uhr, und zwar an 33 Sonntagen im Jahr (Vorjahr: 21). Allerdings bedingt durch die Corona-Regeln konnte erst am 21. März mit der Öffnung begonnen werden. Die Organisation durch Holger Rohland hat sich bewährt.

  1. Nur drei Vortragsveranstaltungen im Jahr

Der zum Holocaust-Gedenktag geplante Vortrag des Historikers Andrej Angrick musste wegen der hohen Coronazahlen ausfallen bzw. auf ein Jahr später verschoben werden. Dagegen konnten in der zweiten Jahreshälfte wenigstens drei Vortragsveranstaltungen mit zum Teil hohen Besucherzahlen bei entsprechendem Einhalten der Hygieneregeln durchgeführt werden: 12.09.: Am Tag des Offenen Denkmals Vortrag von Holger Korsten über die Geschichte des Engelbergtunnels (107 Besucher); 18.09.: Buchvorstellung von Jürgen Gückel seines Buches über Lagerkommandant Fritz Hartjenstein (25 Besucher); 09.11.: Vortrag Katharina Fuchs und Eberhard Röhm: Juden in Leonberg (ca. 60 Besucher).

  1. Ausstellung vor dem Neuen Rathaus: Stolen Memory

Von 16. bis 30. Juli war auf dem Rathausvorplatz in einem Container die Wanderausstellung „Stolen Memory“ des Internationalen Suchdienstes (ITS) Bad Arolsen zu sehen, um die sich Holger Korsten in Zusammenarbeit mit dem Kulturamt der Stadt bemüht hatte. An einigen Tagen standen an der an sich frei zugänglichen Ausstellung Mitglieder der Gedenkstätte zu Gesprächen zur Verfügung.

  1. Groß-Luftbild vom Februar 1945 vor der Tunnelausstellung      

Als eine wesentliche Bereicherung wurde - organisiert von Holger Korsten und Robert Krauss - vor der Tunnelausstellung und gegenüber der Namenswand ein großformatiges Luftbild von Leonberg der Royal-Air-Force vom Frühjahr 1945 aufgestellt, anhand dessen jetzt bei allen Führungen der „Weg der Erinnerung“ nachverfolgt werden kann.

  1. Virtueller Rundgang auf der homepage des Vereins

Marei Drassdo erstellte mit Hilfe kommerzieller Internet-Designer einen virtuellen Rundgang des „Wegs der Erinnerung“, der jetzt auf der Internetseite abgerufen werden kann.

  1. Kontakte mit ehemaligen Häftlingen und deren Angehörigen

Wie jedes Jahr so bekamen wieder vor Weihnachten alle ehemaligen Häftlinge und deren Angehörige vom Vorstand eine Grußkarte, von Irmtraud Klein verschickt, auf die wir in der Regel auch Antwort bekamen.

Zwei Todesnachrichten erreichten uns im Jahr 2021: Am 31. März starb Riccardo Goruppi im Alter von 94 Jahren in seiner Heimatstadt Opicina. Am 14. Juni starb im Alter von 97 Jahren in seiner Wahlheimat Australien Eric Spicer, der in seiner Jugend in Ungarn Imre Spitzer hieß.

Soweit wir wissen lebt von den ehemaligen KZ-Häftlingen, die wir kennen, nur noch Avraham Ary in Haifa / Israel.

  1. Spezielle Tätigkeiten des Vorstands sowie Mitgliedschaft im „Verbund der Gedenkstätten im ehemaligen KZ-Komplex Natzweiler“ (VGKN)

Die Vorstandsmitglieder haben sich im Jahr 2021 zu neun Sitzungen zur Beratung und Beschlussfassung getroffen. Davon fanden sechs virtuell statt. Die letzten drei Sitzungen konnten präsent im Saal der Pauluskirchengemeinde bzw. zwei Mal im Untergeschoss der Blosenbergkirche stattfinden.

Die in 20 Jahren üblichen Kontakte auf Landesebene mit der Landeszentrale für Politische Bildung wie mit anderen Gedenkstätten durch die beiden Vorsitzenden war wieder nur virtuell bzw. im E-Mail-Verkehr und durch Telefonate möglich. Zum 2. Mal fiel die gewohnte Jahrestagung der Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten in Baden und Württemberg (LAGG) Corona zum Opfer.

Marei Drassdo war Kontaktfrau zum „Verbund der Gedenkstätten im ehemaligen KZ-Komplex Natzweiler (VGKN)“ und nahm an der virtuellen Mitgliederversammlung teil.  

  1. Besondere Tätigkeit von Einzelnen

Ingeborg Böhme und Susanne Suby stellten das von ihnen erarbeitete „schüleraktive“ Konzept für Führungen durch Lotsen im Tunnel und auf dem „Weg der Erinnerung“ vor. Sie konnten dieses auch bei einer Fortbildungsveranstaltung im Haus der Geschichte einem größeren Kreis vorstellen. Eva Schütz-Schallhammer übernahm die Organisation aller angemeldeten Führungen. Renate Stäbler ist Pressereferentin und hält Kontakt mit Publikationsorganen, Irmtraud Klein ist zuständig für unsere Versicherungen und vertritt uns gegenüber dem Finanzamt bei der Prüfung der Gemeinnützigkeit. Volger Kucher setzte die Arbeit zur Ordnung des Archivs fort. Sein Honorar wird inzwischen für drei Jahre, also bis Ende 2023, voll von der Stadt Leonberg übernommen. Marei Drassdo vertritt uns im neu gegründeten Verein „Kulturfabrik“ (ehemals Alte Schuhfabrik). Noch haben wir die vage Hoffnung, dass wir im Zusammenhang dieses Projekts oder in einem wegen Corona auf die lange Bank geschobenen Erweiterungsbau des Samariterstifts einen Ersatz bekommen für den wegen Corona praktisch nicht mehr zugänglichen Raum im 4. Stock von Haus 97 des Samariterstifts in der Seestraße. Eberhard Röhm betreute zwei GymnasialschülerInnen, einen Studenten der PH Ludwigsburg und eine Referendarin des Johannes-Kepler-Gymnasiums Leonberg bei ihren verschiedenen Prüfungsarbeiten. Er hat außerdem 2021 das schon 2020 begonnene Manuskript zu einem 300 Seiten umfassenden Buch über die „Holländer in der Kaserne“ zum Abschluss bringen können.

  1. Finanzielle Förderung von Projekten durch die Landeszentrale für politische Bildung

Neben der Basisförderung für größere ehrenamtlich arbeitende Gedenkstätten und neben der Projektförderung unserer Führungen als außergewöhnliche „Pädagogische Maßnahmen“ wurden vier Projekte von der Landeszentrale für politische Bildung im Jahr 2021 finanziell gefördert: 1. Der Nachdruck der Broschüre Pjotr Kudrjaschow: Unterwegs zwischen Nikolajew und Leonberg, 2. Die Plakatwand Luftbild von Leonberg vor dem alten Engelbergtunnel, 3. Das Buch von Eberhard Röhm: Die Holländer in der Kaserne. 4. Der von Marei Drassdo erarbeitete virtuelle Rundgang auf unserer homepage.

Für drei Projekte, für die uns bereits die finanzielle Förderung zugesagt war, wurden die Fördermittel nicht abgerufen: 1. Für Infotafeln, die für das wegen Corona ausgefallene Jubiläum vorgesehen waren und im Entwurf schon vorliegen, 2. Für die Druckkosten einer Broschüre „Geschichte des Engelbergtunnels“ von Holger Korsten, 3. Honorarvertrag mit Katharina Fuchs für die Übersetzung der Shoah-Interviews aus dem Englischen. Auf unseren Antrag hin wurde die Förderzusage in vollem Umfang auf das Jahr 2022 verschoben.

  1. Statistik für das Jahr 2021

Insgesamt erreichten wir im Jahr 2021 mit unseren Führungen und sonstigen Veranstaltungen 1400 (2020: 1242; 2019:1994) Personen, davon 250 (2020: 246; 2019: 486) Schüler bzw. Jugendliche und 1150 (2020: 246; 2019: 1508) Erwachsene. Nicht gezählt sind die an Informationen Interessierten, die täglich die zehn öffentlich zugänglichen Informationstafeln auf dem „Weg der Erinnerung“ lesen.

Ebenfalls nicht gezählt sind die Besucher der frei zugänglichen Ausstellung „Stolen Memory“ vor dem Neuen Rathaus (vgl. Ziff. 6).

Im Vergleich zum Jahr 2020 sind die Besucherzahlen bei Jugendlichen und bei Führungen von Schulklassen ähnlich niedrig gewesen, im Vergleich zum Jahr 2019 aber dramatisch weniger. Bei der Zahl von Erwachsenenbesuchern lagen wir gegenüber 2019 deutlich unter 2019, doch gegenüber dem Tiefstand vom ersten Coronajahr 2020 haben wir 2021 wieder deutlich zugenommen durch die längeren Öffnungszeiten im Tunell an den Sonntagen.

Die dargestellte Arbeit wurde während des Kalenderjahres 2021 von einem kleinen Teil der 27 Lotsen in grob geschätzt 2100 Stunden (2020: 1079; 2019:1600) geleistet. Auffällig ist, dass die 15 Führungen von Schulklassen und Jugendgruppen von nur 6 Lotsen übernommen wurden. Davon übernahmen drei Lotsen allein jeweils fünf bzw. vier Führungen (Ingeborg Böhme, Susanne Suby und Manfred Pauschinger). Die 17 Führungen von Erwachsenengruppen übernahmen 11 Lotsen, davon übernahmen drei Lotsen jeweils drei Führungen. Die Tunnel-Ausstellung war an 33 Sonntagen geöffnet. Dabei zählte Holger Rohland 750 Besucher.

  1. Wahl des Vorstands und Mitgliederzahl bei der Mitgliederversammlung am 29. Juli 2021 im Gemeindesaal der methodistischen Paulusgemeinde

Am 29. Juli 2021 fand die Jahresmitgliederversammlung statt, bei der vom bisherigen Vorstand wiedergewählt wurden: Marei Drassdo zur Vorsitzenden, Eberhard Röhm zum stellvertretenden Vorsitzenden. Als Beisitzer wurden wiedergewählt: Katharina Fuchs, Irmtraud Klein, Martin Riethmüller (vom Vorstand zum Kassier gewählt), Holger Rohland und Joachim Schütz. Neu als Vorstandsmitglied wurde Steffen Schulik gewählt.

Als Kassenprüfer wurden gewählt Heinz Klingel und Manfred Pauschinger.

Zum Zeitpunkt der Mitgliederversammlung (28.7.2021) betrug die Zahl der Mitglieder: 90 zuzüglich drei korporative Mitgliedschaften.

 

Leonberg, 12. Oktober 2022

Marei Drassdo, Vorsitzende                                 Eberhard Röhm, Stellv. Vorsitzender