KZ-Häftlingsjacke kommt nach Leonberg zurück

von Arnold Einholz
Der ehemalige Zwangsarbeiter Claude Brignon hat seine KZ-Kleidung der Gedenkstätteninitiative vermacht.
Leonberger Kreiszeitung, 4. Dezember 2012

Besuch aus dem lothringischen Le Saulcy von der Familie Brignon bekommt die Leonberger KZ-Gedenkstätteninitiative am Samstag, 8. Dezember. Es ist die Familie des im März 2009 verstorbenen, ehemaligen Leonberger KZ-Häftlings Claude Brignon. Er hatte vor seinem Tode verfügt, dass seine gestreifte KZ-Jacke der Gedenkstätteninitiative zur dauernden Verwahrung übergeben werden soll. Seine Lebensgefährtin Marguerite Chacfé wird in einem kleinen Kreis von Mitgliedern der Initiative im KZ-Gedenkraum des hiesigen Samariterstifts die Jacke nun feierlich übergeben.

„Die Häftlingsjacke trägt noch den roten Winkel der Häftlinge aus politischen Gründen, die Bezeichnung F, die den Träger als Franzosen ausweist sowie Brignons Dachauer Häftlingsnummer 116 759", erläuterte Renate Stäbler von der Gedenkstätteninitiative. Claude Brignon wurde am 11. Februar 1926 geboren und ist am 17. März 2009 gestorben. Er wurde während einer Razzia gegen Resistancekämpfer mit 18 Jahren am 4. Oktober 1944 verhaftet. Die Eltern hatten einige Zeit lang geflohene alliierte Kriegsgefangene in ihrem Haus versteckt und Claude selbst hatte mit anderen Jugendlichen zusammen das Victory-Zeichen auf Hauswände gemalt.

Am 16. Oktober 1944 wurde r von Lyon nach Dachau gebracht und kam am 9. November 1944 von dort mit einem Transport von 200 namentlich bekannten KZ-Häftlingen nach Leonberg. In Leonberg bekam er die Natzweiler Nummer 37981. „Beim Wechsel unter die Gewalt eines anderen Stammlagers bekamen die Häftlinge jeweils eine neue Nummer, die fortlaufend von der zentralen Kommandantur des Hauptlagers, in diesem Falle Dachau oder Natzweiler, festgelegt wurde", erläutert Eberhard Röhm, der Ehrenvorsitzende der Gedenkstätteinitiative.

Bereits am 17. November 1944 wurde Brignon - inzwischen schwer erkrankt - nach Augsburg zurücktransportiert, wo Messerschmitt auch einen Teilbetrieb hatte. Er weilte also nur eine Woche in Leonberg. Noch am selben Tag ging es von Augsburg nach Dachau. Dort bekam Claude Brignon die Häftlingsnummer 116759. „Seine gestreifte Jacke, die wir am Samstag überreicht bekommen, trägt darum die Nummer 116759 seines letzten KZ-Aufenthalts und nicht seine Natzweiler Nummer, die er in Leonberg aufgenäht hatte", sagt Röhm. Der schwerkranke Brignon wurde von der US -Armee am 29. April 1945 in Dachau befreit.

„Durch seinen Aufenthalt in den beiden Konzentrationslagern lebenslang gesundheitlich schwer geschädigt, war Claude Brignon doch der erste ehemalige Häftling, der den Leonbergern die Hand zur Versöhnung reichte", sagt Renate Stäbler. Bereits 1959 besuchte er Leonberg anonym, 1998 war er als einziger der ehemaligen Häftlinge Gast des Samariterstifts anlässlich der Einweihung des KZ-Gedenksteins. Danach kam er immer wieder nach s Leonberg: 1999 zum Volkstrauertag, 2001 einmal auf Einladung der Initiative und einmal auf Einladung der Stadt Leonberg.

Im Jahr 2003 traf sich Claude Brignon mit Leonberger Schülern in seiner Heimatstadt und 2005 nahm er an der Einweihung der Namenswand vor dem Tunnel - in die auch sein Namen eingeschnitten ist - teil. Bei der Eröffnung der KZ-Dokumentationsstätte 2008 konnte er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr anwesend sein. „Durch Besuche in Lothringen sowie Briefe und Telefonate hielten Mitglieder der Initiative all die Jahre bis zu seinem Tod eine freundschaftliche Verbindung mit ihm und seiner Lebensgefährtin aufrecht", erzählt Renate Stäbler. Eine Abordnung der Initiative nahm auch an seinem Begräbnis teil.

„Es sollte dann noch drei Jahre dauern, bis seine Witwe jetzt die Kraft fand, mit. Sohn, Enkel und Schwester erneut Leonberg zu besuchen, wo sie auf Claude Brignons Wunsch die Häftlingsjacke in die Obhut der KZ-Gedenkstätteninitiative übergeben wird", sagt Renate Stäbler.


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