Rechenschaftsbericht des Vorstands der KZ-Gedenkstätteninitiative Leonberg e.V. für das Jahr 2015 – vorgetragen bei der Mitgliederversammlung am 17. März 2016

 Die Arbeit der KZ-Gedenkstätteninitiative war im Jahr 2015 geprägt neben den regelmäßigen Führungen auf dem „Weg der Erinnerung“ und einer Serie von Vortragsveranstaltungen vor allem von drei Ereignissen: der deutsch-französischen Natzweiler-Ausstellung „Freiheit – so fern, so nah“, der Einweihung der Namenstafeln auf dem Städtischen Friedhof Seestraße und der Einweihung von zwei weiteren Informationstafeln auf dem „Weg der Erinnerung“ am Leonberger Bahnhof.

Hervorzuheben ist freilich auch die professionelle Überarbeitung der Webseite der Initiative.

  1. Zehn Vortragsveranstaltungen im Rahmen des Sonntagsprogramms des Arbeitskreises Bibliothek

Im dritten Jahr präsentierte der Arbeitskreises Bibliothek jeweils am ersten Sonntag im Monat in der Bibliothek einen Vortrag zu einem bestimmten Thema mit Lesung aus passender Literatur, die von einzelnen Arbeitskreismitgliedern gestaltet wurde. Auch dieses Jahr mussten einzelne Veranstaltungen wegen Überfüllung in den Berthold-Graf-Saal verlegt; insgesamt besuchten die zehn Veranstaltungen, auf denen auch Buch-Ausleihe angeboten wurden, etwa 300 Interessenten:

Sonntag, 4. Januar: Vortrag Martin Bergau: „Der Junge von der Bernsteinküste“

Sonntag, 1. Februar: Vortrag Fritz Endemann: „Fritz Bauer und „sein“ Auschwitz-Prozess“.

Sonntag, 1. März: Vortrag von Klaus Beer über „Fragile Mitte – feindselige Zustände“. Die „Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zu rechtsextremen Einstellungen.

Sonntag, 12. April: Vortrag von Eberhard Röhm über das Ende des KZ Leonberg und die Todesmärsche der Leonberger KZ-Häftlinge in Bayern.

Sonntag, 3. Mai: Vortrag Renate Stäbler: „Der Deutsche Volkssturm, das letzte Aufgebot“. Mit Bezug zum Volkssturm in Leonberg.

Sonntag, 7. Juni: Vortrag von Klaus Beer über Martin Niemöller.

Sonntag, 13. September: Vortrag von Holger Korsten zum „Tag des Denkmals“ über die Geschichte des alten Engelbergtunnels.

Sonntag, 4. Oktober: Vortrag von Manfred Pauschinger über „Holocaust im Comic“.

Sonntag, 1. November: Vortrag von Holger Korsten über „Luther und die Juden“.

Sonntag, 6. Dezember: Bibliotheks-Mitarbeiter: „Brödle und Gutsle“.

  1. Eine weitere Vortragsveranstaltung am 27. Januar aus Anlass des Holocaustgedenktages

 Gemeinsam mit dem Kulturamt der Stadt Leonberg fand am 27. Januar im Stadtmuseum eine Vortragsveranstaltung zum Thema „Die Zerstörung des jüdischen Lebens in Württemberg“ statt. Der Referent war Dr. Matin Ulmer, Tübingen.

  1. Deutsch-französische Natzweiler-Ausstellung „Freiheit – so fern, so nah“

 Von 13. bis 27. April wurde im Foyer des Neuen Rathauses die vom Gedenkstättenreferat der Landeszentrale für politische Bildung in Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Natzweiler-Struthof entworfene Ausstellung über das Ende des Lagers Natzweiler und seiner Außenlager gezeigt. In dieser Ausstellung waren auch biographische Tafeln mit den Biographien der Leonberger Häftlinge Albert Montal und Michail Soljanik zu sehen. Die 27 Tafeln der Hauptausstellung wurden durch uns ergänzt durch sieben von Holger Korsten und Eberhard Röhm entworfenen und von Robert Krauss in unserem Auftrag hergestellten Rollups zur Geschichte des KZ Leonberg und der Initiative. Letztere eignen sich auch zur Verwendung bei späteren Veranstaltungen.

Zur Ausstellungseröffnung am 13. April bot Frau Dorothee Roos, die Vorsitzende der KZ-Gedenkstätte Neckarelz und Mitautorin der Ausstellung, einen Einführungsvortrag.

Da das Foyer des Neuen Rathauses zu den üblichen Öffnungszeiten frei zugänglich war, kann über die Zahl der Besucher keine Aussage gemacht werden. Führungen, die wir angeboten haben, wurden von Schulen nicht angefordert – auch nicht von unseren Partnerschulen JKG und ASG.

 

  1. Zwei Einweihungen von Namens- bzw. Informationstafeln
a) Drei Namenstafeln am Sammelgrab auf dem Friedhof Seestraße

 Am Samstag, 18. April, wurden am Sammelgrab auf dem Friedhof Seestraße von der Stadt Leonberg nach jahrelangen Vorarbeiten drei Namenstafeln errichtet und mit einem Vortrag von Marei Drassdo, Eberhard Röhm, Irmtraud Klein und Schülern des Albert-Schweitzer-Gymnasiums feierlich eingeweiht. Die Namen der in Leonberg verstorbenen und in Leonberg sowie an anderen Orten endgültig bestatteten KZ-Häftlingen sind, soweit sie von Holger Korsten und Eberhard Röhm eruiert werden konnten, auf den Tafeln verzeichnet.

b) Zwei Informationstafeln am Anfang des „Wegs der Erinnerung“ am Bahnhof Leonberg

 Am Samstag, 14. November, errichteten wir in Anwesenheit von Erstem Bürgermeister Vonderheid am Bahnhof Leonberg zwei gleichlautende Informationstafeln auf dem „Weg der Erinnerung“. Die Tafeln stehen auf Gleis 1 unmittelbar hinter dem ehemaligen Güterbahnhofgebäude, heute Brauerei-Gaststätte Sacher, am Ort, an dem die Häftlingstransporte angekommen sind, sowie gegenüber dem Busbahnhof.  

 

  1. Tätigkeiten von Arbeitsgruppen

 Die genannten Veranstaltungen und Projekte bedurften für die Vorbereitung und Durchführung fleißiger Hände in mehreren Arbeitsgruppen.

a) AG Bibliothek (Linde Beer, Bärbel und Holger Korsten, Emmely und Walter Heid, Marianne Fischer-Yelin): 
Die Bibliothek wurde durch weitere Bücher ergänzt. Das Projekt, jeweils am ersten Sonntag im Monat ein bestimmtes Buch unter thematischen Gesichtspunkten vorzustellen, wurde mit zehn Veranstaltungen im Jahr 2015 konsequent umgesetzt. (Siehe Ziffer 1)  

b) AG Technik  (Holger Korsten, Wolfgang Schiele, Pitt Adler, Manfred Pauschinger):

 Nach Plänen von Prof. Schmid wurde von Manfred Pauschinger Sitzgelegenheiten auf dem Tunnelvorplatz geplant und vom Seehaus hergestellte Bänke aufgestellt, sodass Besucher vor dem Tunnel sitzend Kurzvorträge anhören können. Die Böschung hinter den Bänken bepflanzte Manfred Pauschinger mit Wildrosen. Außerdem wurde hinter dem „Haus der 1000 Namen“ ein ebenfalls vom Seehaus hergestellter Ständer errichtet, in dem ein Buch mit den tausend Namen eingelegt werden soll.

Die von uns begleitete routinemäßige Untersuchung des Tunnelgewölbes durch die Stadt ergab keine Missstände. Das Gewölbe ist sicher – erinnert werden soll an die Helmpflicht für Besucher.

c) AG Schule (Marei Drassdo, Manfred Pauschinger, Eberhard Röhm):

Mit den beiden Leonberger Gymnasien, Albert-Schweitzer-Gymnasium und Johannes-Kepler-Gymnasium, sowie mit dem Gerlinger Robert-Bosch-Gymnasium wurden Partnerschaften geschlossen, die allerdings bislang nur in der Fortschreibung regelmäßiger Führungen für die Klassen 9 besteht.

d) AG Lotsen (Klaus Beer, Marei Drassdo, Irmtraud Klein, Holger Korsten, Heide Matthias, Manfred Pauschinger, Dieter Rebstock, Eberhard Röhm, Eberhard Schmalzried, Armin Schmidt; Organisation und Koordination: Renate Stäbler):

Jeweils am Samstag 18.05 (Marei Drassdo) und am 18..10 (Marei Drassdo) wurden zwei Führungen im Rahmen der Leonberger Stadtführungen durchgeführt. Ein Lotsen-Fortbildungstreffen fand am 19.04 statt. Insgesamt gab es 37 Führungen mit 1190 Besuchern.

 e) AG Friedhof Seestraße (Holger Korsten, Eberhard Röhm, Irmtraud Klein, Renate Stäbler): Holger Korsten hat in Zusammenarbeit mit Eberhard Röhm die endgültige Namensliste erstellt, die inzwischen auf den am 18. April errichteten Tafeln zu lesen sind.

 f) AG Erneuerung der Webseite der Initiative (Marei Drassdo, Martin Riethmüller, Armin Schmidt)

Für die Überarbeitung unserer Webseite haben wir die Firme All Good in Leonberg (Daniel Doulgeris und Carim El Armin) beauftragt, für die die AG Zuarbeit leistete.

 

  1. Kontakte mit ehemaligen Häftlingen und deren Angehörigen

Alle ehemaligen Häftlinge und deren Angehörige bekamen vor Weihnachten wieder eine Grußkarte, auf die sie in der Regel auch antworteten.

Am 27. Oktober 2015 verstarb die Frau des mit uns eng befreundeten ehemaligen Häftling Riccardo Goruppi. Im Auftrag der Initiative nahm das Vorstandsmitglied Irmtraud Klein an den Trauerfeierlichkeiten in Opicina (Italien) teil und überbrachte unsere Beileidsbekundungen.

Während des Kalenderjahres 2015 gingen sieben Anfragen von Angehörigen nach dem Verbleib von Verwandten im KZ Leonberg oder unter den Holländern in der „Kaserne“ ein. Diese Anfragen von Angehörigen aus verschiedenen Ländern konnten nur beantwortet werden aufgrund der Unterlagen von Eberhard Röhm. Es gibt niemand in der Gedenkstätte, der dieses in 15 Jahren gesammelte Material einmal übernehmen und fortschreiben will.

  1. Kontinuierliche Bildungsarbeit (Statistik)

Es fanden im Kalenderjahr 2015 statt

- 37 Führungen auf dem Weg der Erinnerung einschließlich der Tunnelausstellung, davon 25 mit Schulklassen und sonstigen Jugendlichen mit insgesamt 587 Schülern/Jugendlichen und 603 Erwachsenen inklusive Lehrern bei Führungen mit Schulklassen, d.h. zusammen 1190 Besuchern

- an 8 Sonntagen im Jahr war das Dokumentationszentrum im alten Engelbergtunnel mit der ständigen Ausstellung je zwei bis drei Stunden geöffnet,

- 10 Vortragsveranstaltungen in der Bibliothek jeweils am 1. Sonntag des Monats mit etwa 300 Besuchern,

- Eine weitere Vortragsveranstaltung zum Holocaustgedenktag mit 60 Besuchern.

- Eine Ausstellung im Neuen Rathaus zum KZ Natzweiler und seine Außenlager. Der Eröffnung wohnten etwa 120 Besucher bei.

- 9 Schüler wurden jeweils mehrere Stunden einzeln beraten in der Vorbereitung auf selbständige Führungen, Erstellung einer GFS (Gleichwertige Feststellung von Schülerleistungen), Vorbereitung auf die Realschulprüfung.

Insgesamt erreichten wir mit unseren Veranstaltungen 1679 Personen, davon etwa 600 Schüler bzw. Jugendliche. Nicht gezählt sind die an Informationen Interessierte, die täglich die sechs, neuerdings zehn öffentlich zugänglichen Informationstafeln auf dem „Weg der Erinnerung“ lesen. Ebenfalls nicht gezählt sind die Besucher der frei zugänglichen deutsch-französischen Ausstellung im Neuen Rathaus. Im Vergleich zum Jahr 2014 sind die Besucherzahlen etwa gleich geblieben.

 

  1. Öffentlichkeitsarbeit

Es wurden im Jahr 2015 vor jeder der 14 Vortrags- und Einweihungsveranstaltungen Rundbriefe per E-Mail an Mitglieder und Interessenten verschickt, vor der Mitgliederversammlung auch per Post an diejenigen, die mit E-Mail nicht erreichbar sind. Zu den großen Veranstaltungen wurde teilweise mit Plakaten, regelmäßig aber mit Handzetteln geworben.

Die lokale Presse brachte in der Regel vor jeder Veranstaltung einen Hinweis. Renate Stäbler lieferte entsprechend im Auftrag des Vorstands regelmäßig eine Presseinformation. Über alle größeren Veranstaltungen erschienen in der LKZ Berichte.

 

  1. Spezielle Tätigkeiten des Vorstands

Die Vorstandsmitglieder haben sich im Jahr 2015 zu sechs Sitzungen zur Beratung und Beschlussfassung getroffen, jeweils im Gedenkstättenraum im Samariterstift. Die Treffen wurden ergänzt durch zahlreiche Verständigungen über E-Mail, ohne das die Vorstandsarbeit nicht denkbar gewesen wäre.

Einzelne Vorstandsmitglieder hielten Kontakt mit der Landeszentrale für politische Bildung und der Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten in Baden Württemberg. Am 14./15. März nahmen Marei Drassdo und Eberhard Röhm, zeitweise auch Irmtraud Klein an der Jahrestagung der Gedenkstätten in Baden-Württemberg in Bad Urach teil.

Entsprechend dem Beschluss auf der letzten Mitgliederversammlung am 12.03.2015 haben die beiden Vorstandsvorsitzenden bei der letzten Sitzung des Beratungsgremiums der Stadt zur Planung des Volkstrauertags den Antrag gestellt, die Entscheidungen über die Inhalte der Holocaust-Gedenk-Veranstaltungen in Zukunft wieder ausschließlich in Zusammenarbeit zwischen Stadt und Initiative herbeizuführen. Dem wurde einstimmig entsprochen.

 

  1. Förderanträge bei der Landeszentrale für politische Bildung

Der Vorstand hat für das Rechnungsjahr 2015 bei der Landeszentrale für politische für fünf Projekte Förderanträge gestellt, die - soweit die Projekte auch durchgeführt wurden - mit in der Regel 50 Prozent aus Landesmitteln finanziell gefördert wurden:

  1. a) 7 Rollups zur Ergänzung der deutsch-französischen Ausstellung sowie Reisekosten für die Referentin der Ausstellungseröffnung,
  2. b) Ein Infopult für die Namen des Hauses der 1000 Namen,
  3. c) 100 Kopien des Films „Überlebende des KZ Leonberg,
  4. d) die Erneuerung unserer Webseite,
  5. e) 2 neue Tafeln auf dem Weg der Erinnerung am Bahnhof.

Für diese Projekte bekamen wir eine Förderung in Höhe von 3850 EUR.

Hinzu kam eine Förderung von Führungen mit Jugendlichen als pädagogische Maßnahmen in Höhe von 2800 EUR sowie eine sog. Basisförderung für Gedenkstätten, die ausschließlich ehrenamtlich arbeiten, in Höhe von 2000 EUR.

Insgesamt betrug die Förderung 8650,00 EUR.

 

Vier weitere Projekte, für die Förderzusagen vorlagen, kamen mangels Kapazität im Vorstand oder aus anderen Gründen nicht zustande:

  1. a) ein weiterer Band mit Häftlingsbiographien (Aus vielen Ländern Europas II)
  2. b) Eine Broschüre über die Geschichte des Engelberg-Autobahntunnels,
  3. c) Ein Film mit Interviews von Leonberger Bürgern über das KZ,
  4. d) Eine Fahrt mit Schülern nach Natzweiler.

Wir konnten für diese verschobenen Projekte neue Förderanträge für das Jahr 2016 stellen.

 

  1. Wahl des Vorstands und Mitgliederzahl bei der Mitgliederversammlung

Am 12. März 2015 fand die Jahresmitgliederversammlung im Samariterstift statt, bei der der bisherige Vorstand wiedergewählt wurde: Marei Drassdo zur Vorsitzenden, Eberhard Röhm zum stellvertretenden Vorsitzenden. Als Beisitzer wurden wiedergewählt: Irmtraud Klein, Holger Korsten, Manfred Pauschinger, Martin Riethmüller (vom Vorstand zum Kassier gewählt), Renate Stäbler. Als Kassenprüfer wurden gewählt: Heinz Klingel und Wolfgang Schiele.

Zum Zeitpunkt der Mitgliederversammlung (17.3.2016) betrug die Zahl der Mitglieder: 71.

Für den Vorstand:

Marei Drassdo, Vorsitzende                          Eberhard Röhm, Stellv. Vorsitzender